Prolog

Der nachfolgende Bildbericht von einem ganz normalen Betriebstag bei der MTSE soll zeigen, dass die unter Betrieb aufgeführten Dokumente und Vorrichtungen, kein bürokratischer Ballast für unser schönes Hobby sind, sondern das Sahnehäubchen für Modellbahner, die nicht nur Vorbild gerechte Fahrzeuge und Anlagen erschaffen, sondern auch Spaß an eben solchem Betrieb haben. Gleichzeitig wird dabei auch meine persönliche Umsetzung diverser Vorschläge zur Durchführung eines Vorbild gerechten Modellbahnbetrieb deutlich und möge dem einen oder anderen für die eigene Realisierung hilfreich sein.

 

 

Dienstplan 3, G981/982

Lokführer Uwe hat das tägliche Güterzugpaar 981/982 von Bergen Ost nach Wittower Fähre und zurück zu fahren. Als Uwe mit seinem Motorrad am Lokschuppen in Bergen Ost ankommt, ist Wolfgang auf der V1, heute in Personalunion Rangierlokführer und Rangierleiter im Bahnhof Bergen Ost, noch damit beschäftigt, den G981 in Gleis 4 für Uwe zusammenzustellen. 

 

Uwe geht zum Büro des Zugleiters Michael im Bahnhof Bergen Ost. „ Moin, darf ich mit der Lok 35 vom Lokschuppen nach Gleis 4 zum 981 fahren?“. “Moin Uwe. Ja, Wolfgang hat die Rangierarbeiten gerade beendet und wartet schon auf Dich. Hier hast Du Deinen Buchfahrplan und einen Zugführerschlüssel“ antwortet Michael und übergibt Uwe den Buchfahrplan und Zugführerschlüssel in einer kleinen Plastikhülle, so bleiben immer alle Dokumente zusammen. Die Seite für den G981 im Buchfahrplan ist schon aufgeschlagen sichtbar. 

 

Uwe zieht nun mit seiner Lok vom Lokschuppen zur Weiche 1 vor. Alle Peco-Weichen der MTSE sind mit Weinert-Stellhebeln ausgerüstet und werden durch umlegen des Stellhebel wie beim Vorbild gestellt. Die Weichen im Fahrweg eines Zuges sind außerdem, auch wie beim Vorbild, durch die abschließbaren Handbetätigungen von OUTBUS in der Grundstellung verschlossen.

 Uwe schließt also zuerst die Weiche mit dem Zugführerschlüssel auf. Durch Ziehen des kleinen Hebel daneben kann er die Weiche entriegeln und erst jetzt lässt sich die Weiche am Stellhebel umlegen. Er öffnet den Regler der Lok nur ganz kurz, denn die Weiche 1 liegt schon im Gefälle und er muss gleich wieder bremsen, damit er nicht über die rechts vom Gleis aufgestellte Rangierhalttafel hinaus rollt.

 

Anschließend legt er die Weiche am Stellhebel wieder in Grundstellung zurück, verriegelt diese und schließt wieder ab. Er öffnet den Regler seiner Lok erneut und dampft nun in Richtung Bahnhof zu seinem Zug. Wolfgang hat schon alle weiteren Weichen für Uwe gestellt und wartet mit seiner V1 neben dem Zug für Uwe.

 

„Moin Uwe“ grüßt Wolfgang, nachdem er den Zug an die Lok gekuppelt hat. „Alle Wagen technisch ok, Zugschluss steckt. Hier hast du den Wagen-/Bremszettel. Ein zusätzlicher Bremser hat auch schon Platz genommen“. „ Moin Wolfgang, danke" antwortet Uwe und steckt den Wagen-/Bremszettel, nach einem prüfenden Blick darauf, zu Buchfahrplan und Dienstplan in die Plastikhülle.

Der MTSE Wagen-/Bremszettel ist eine Kombination aus dem Frachtzettel, der Wagenliste und dem Bremszettel des Vorbildes. Hieraus ersehen alle Beteiligten wohin welcher Wagen soll und man vermeidet die vom FREMO propagierten separaten Wagenkarten und Frachtzettel, mit entsprechenden Sortierfächern an jedem Bahnhof.

Die Frachtaufträge kommen bei mir aus der „condensed ship list“, des Programm „ship it“, von Albion Software, könnten aber auch spontan bei der Zusammenstellung eines Güterzug festgelegt werden. Ich fülle vor jedem Betriebstag die Wagen-/Bremszettel für alle Züge des Tages aus. Jeder Wagen ist durch seine Bauart und die individuelle Nummer ja eindeutig identifizierbar und bis auf G-Wagen ist auch offensichtlich, ob er voll oder beladen ist. Wagen-Zugänge auf Unterwegsstationen werden schon im Ausgangsbahnhof auf dem Wagen-/Bremszettel vermerkt.

Die Kalkulation des Zug- und Bremsgewichtes hilft bei der Entscheidung ob, neben dem Packwagen, weitere Handbremsen zu besetzen sind.

 

 

Der Zugleiter Michael hat auch die Aufsicht im Bahnhof Bergen Ost und ist jetzt zur Lok von Uwe gekommen. „Du hast Fahrerlaubnis bis Bubkevitz. Aber der Pt842 hat heute Verspätung, der sollte ja längst hier angekommen sein. In Fährhof gab es ein Problem mit dem Motor. Doch das ist jetzt behoben und mit der nächsten Fähre setzt er nun über nach Wittower Fähre. Bevor Du in Bubkevitz rangierst, kreuzt Du mit dem Pt842. Hier habe ich Dir einen entsprechenden Befehl geschrieben.“„Dann bin ich ab Bubkevitz aber auch nicht mehr pünktlich“ antwortet Uwe, nachdem er den Befehl genau gelesen hat. „Das schaffst Du schon“ antwortet Michael, schaut auf die Uhr, hebt die Kelle und bläst kurz in seine Trillerpfeife „ Abfahrt bis Bubkevitz". Missmutig reißt Uwe den Regler auf und verlässt mit lautem Getöse den Bahnhof, das fängt ja gut an und klingt nicht nach pünktlichem Feierabend.

 

Uwe lässt den Regler nur kurz geöffnet und den Zug im folgenden Gefälle erst einmal rollen. In der langgezogenen Kurve rund um die Gärtnerei kann er gut beobachten, ob auch alle Wagen mitkommen. Erst am Ende des Gefälles öffnet Uwe den Regler wieder. 

Die Lokomotiven der MTSE sind mit ESU Loksound ausgerüstet. Vorbildgerechtes Fahr- und Geräuschverhalten, wie z.B. langsames beschleunigen im Gefälle mit zunehmendem Leerlaufgeräusch ist also kein Problem. So wird die Fahrt optisch und akustisch zum Genuss.

 

An der Einfahrweiche von Bubkevitz schließt Uwe den Regler und gibt einen langen Achtungspfiff. Der Bahnhof Bubkevitz wird nämlich mittig von einer unbefestigten Straße gekreuzt. Genau an der H-Tafel kommt die Lok zum Stehen.  Nun muss Uwe erst einmal die Weiche 5 aufschließen und für die Einfahrt des 842 nach Gleis 3 umlegen und wieder verriegeln. Dann begibt er sich zum Streckentelefon und macht Meldung an den Zugleiter im Bahnhof Bergen Ost: “981 in Bubkevitz angekommen. Einfahrt für 842 nach Gleis 3 gesichert“ der Zugleiter wiederholt diese Meldung und Uwe antwortet :„ Richtig und Ende“. Jetzt heißt es erst einmal warten.

 

 

 

Zwischenzeitlich hat der Triebwagen mit der Fähre von Fährhof nach Wittower Fähre übergesetzt. Kaum hat Michael das Gespräch mit Uwe beendet klingelt das Telefon schon wieder. Es ist Ingo, der Lokführer des Pt842, mit seiner Ankunftsmeldung aus Wittower Fähre. Michael diktiert ihm nun den Befehl Nr.8 für seine Weiterfahrt bis Bubkevitz.

 

 

Keine zehn Minuten später rollt der Triebwagen auch schon an Uwe in Bubkevitz vorbei und hält an.

 

 

Uwe geht wieder zum Streckentelefon. „Zugleiter in Bergen" meldet sich Michael am anderen Ende der Leitung. „ Uwe hier. 981 und 842 in Bubkevitz angekommen“ antwortet Uwe und fährt fort:“ Darf 842 weiter fahren bis Bergen und 981 in Bubkevitz rangieren?“. Michael bestätigt, Uwe wiederholt. „ Richtig und Ende", beendet Michael ihr Gespräch.  Während ihres Telefonats hat er seine Kopie der Befehle Nr. 7 und 8 nun hinter das aktuelle Zugmeldeblatt gelegt und dort archiviert. Die Ankunftsmeldungen von Uwe hat er mit grünen Strichen im Zugmeldeblatt eingetragen und die Fahrerlaubnis für den 842 und  die Rangiererlaubnis für den 981 in rot. 

 

Uwe geht jetzt zu Ingo: „ Du hast Fahrerlaubnis bis Bergen".“ Bis Bergen“ wiederholt Ingo. „Ich schließe Dir die Weiche auf" antwortet Uwe und geht zum Ende des Bahnhofs Richtung Bergen um die Weiche 1 aufzuschließen und umzulegen. Er verschließt die Weiche in umgelegter Stellung, denn für die folgenden Rangierarbeiten muss er auch noch umsetzen. Uwe gibt Ingo ein Zeichen und der fährt los und an ihm vorbei in Richtung Bergen. Uwe geht wieder zurück zu seiner Lok.

Gemäß Wagen/Bremszettel sind die ersten beiden G-Wagen hinter der Lok für die Bäuerliche Handelsgenossenschaft in Gleis 4.  

 

 

Uwe setzt diese also erste einmal rüber nach Gleis 1a. Dann setzt er über Gleis 3 um auf die andere Seite und zieht alle in Gleis 4 und 1 vorhandenen Wagen vor, damit die neuen Wagen von Gleis 1a in den Lagerschuppen der BHG nach Gleis 4 geschoben werden können. 

 

 

Die bereits beladenen Wagen lässt er zum Schluss so stehen, dass der Bahnübergang frei bleibt. Der leere O-Wagen kommt wieder an die Überladerampe zur Feldbahn. Dort wird auch sogleich mit der Beladung begonnen. Uwe fährt mit seiner Lok über Gleis 3 wieder an seinen Zug und verschließt dabei alle Weichen wieder in Grundstellung. 

 

 

Nun noch den Wagen-Bremszettel aktualisieren. Der Bremser vom O-Wagen kann jetzt im Packwagen Platz nehmen. Die vorgeschriebenen 25 Mindestbremshunderstel werden jetzt auch ohne ihn erreicht.

Bereit zur Abfahrt, plus 20 Minuten, Uwe hat es ja kommen sehen. 

 

 

Nachdem Uwe sich über das Streckentelefon die Fahrerlaubnis bis Wittower Fähre vom Zugleiter Michael in Bergen geholt hat, muss er nun noch die zeitgesteuerte Blinklichtanlage für den Bahnübergang mit der Landstraße nach Wittower Fähre mit dem Zugführerschlüssel einschalten. Uwe geht also zuerst noch zum Schlüsselschalter neben dem Gleis. 

 

Sobald das Blinklichtüberwachungssignal leuchtet kehrt er zu seiner Lok zurück und beeilt sich mit ordentlichem Tempo loszufahren. Schließlich geht das Blinklicht nach einer bestimmten Zeit von selber wieder aus und bis dahin muss Uwe den Bahnübergang passiert haben. (Ein Vorgang, den man übrigens heute noch so, täglich im Bahnhof Binz der RüBB, bei Abfahrt von Zügen in Richtung Göhren beobachten kann.) 

 

 

Weiter geht die Fahrt Richtung Wittower Fähre, immer der Allee entlang. 

 

In Wittower Fähre angekommen meldet sich Uwe wieder beim Zugleiter und holt sich die Erlaubnis zum Rangieren. Wie aus dem Zugmeldebuch des Zugleiters ersichtlich, hat auch Ingo mit dem Triebwagen inzwischen Bergen-Ost erreicht und auch dort wird rangiert. 

 

 

Zuerst setzt Uwe wieder auf die andere Seite seines Güterzuges und schiebt dann die Wagen für Fährhof auf die Fähre.

 

 

Nach Abfahrt der Fähre werden die Wagen für das Kaigleis zugestellt

 

Dann muss Uwe nur noch den  Kohlewagen zum Lokschuppen am anderen Ende des Bahnhofs bringen und dort abstellen. Als dies erledigt ist, hat die Fähre auch schon wieder neue Wagen aus Fährhof für Bergen Ost mitgebracht. Eine Lok darf die Fährbrücke nur unter besonderen Bedingungen befahren, so dient der Packwagen erst einmal als Schutzwagen um die Wagen von der Fähre abzuziehen.   

 

 

Heute nur drei Wagen von Fährhof ? Normalerweise muss die Fähre mindestens zweimal nach Fährhof übersetzen um Wagen von dort abzuholen. Ein Blick auf den in Wittower Fähre bereit liegenden Wagen-/Bremszettel bestätigt dies. Drei Wagen aus Fährhof und keinen aus Wittower Fähre. Aber wieso sind dort Wagen aus Bubkevitz aufgelistet? 

   

 

 

Laut Buchfahrplan hält Uwe dort auf der Rückfahrt nicht. Die nimmt eigentlich der nachfolgende Nachmittags PmG 846 mit? Uwe setzt aber erst einmal den Packwagen an den Zugschluss und nachdem er alle Weichen wieder in Grundstellung verschlossen, hat geht er zum Streckentelefon und meldet sich wieder beim Zugleiter.

 

 

„ Zugleiter in Bergen Ost" meldet sich Michael. „Hier Uwe in Wittower Fähre. Alle Rangierarbeiten beendet, Weichen in Grundstellung verschlossen. Darf 982 bis Bergen Ost fahren? - Ihr habt mir übrigens versehentlich Wagen ab Bubkevitz eingetragen, aber die nimmt der 846 mit", fügt Uwe hinzu. „ Nee Uwe die sind wirklich für Dich. Ich diktiere Dir dazu gleich mal den Befehl. Der 846 verkehrt heute mit Verstärkungswagen wegen Rückreise vom FdGB Ferienlager und kann nicht noch die Güterwagen aus Bubkevitz mitnehmen“.  Das war es dann mit pünktlichem Feierabend, Uwe hatte es ja geahnt. 

 

Also wieder zurück nach Bergen mit Halt in Bubkevitz. Dort angekommen, kann Uwe gleich mit dem Rangieren beginnen, denn die Erlaubnis dafür, war auch gleich mit im Befehl eingetragen,  immerhin etwas. Die Kartoffelsäcke waren zwischenzeitlich auch alle in den bereitgestellten O-Wagen verladen worden.    

 

Nachdem die Wagen an den Zug angekoppelt und alle Weichen wieder verschlossen sind, aktualisiert Uwe den Wagen-/Bremszettel. Ab hier muss der zusätzliche  Bremser auch wieder auf einem Wagen mit Handbremse Platz nehmen

 

 

„Hier 982 in Bubkevitz, Rangierarbeiten beendet, Weichen in Grundstellung verschlossen. Darf 982 bis Bergen weiterfahren?“ meldet sich Uwe wieder beim Zugleiter. Der wiederholt Uwes Meldung und ergänzt dann noch „ 982 darf bis Bergen weiter fahren". „ 982 darf bis Bergen weiter fahren“ wiederholt Uwe. „ Richtig und Ende" beendet Michael ihr Gespräch und trägt alles entsprechend im Zugmeldebuch ein. 

 

Weiter geht die Fahrt zurück nach Bergen Ost. 

 

In  Bergen Ost angekommen hat Wolfgang mit seiner Rangierlok schon gleich am Ende des 982 angekuppelt, um die Wagen auf die einzelnen Ladestellen zu verteilen. Hierzu überreicht Uwe Wolfgang den Wagen-/ Bremszettel für den 982, auf dem der genaue Bestimmungsort für jeden Wagen ersichtlich ist.

Nun kann Uwe sich endlich auf seinen Feierabend mit Motorrad freuen.

 

Epilog

Soweit mein Bericht von einem ganz normaler Betriebstag bei der MTSE. Ich hoffe er hat Lesevergnügen bereitet und Anregungen für die eigene Umsetzung zu einem vorbildgerechten Modellbahnbetrieb gegeben. Getreu dem Motto: Ich spiele nicht mit der Eisenbahn, ich mache Betrieb!